Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht: Mikroaggressionen gegenüber Menschen mit Behinderung wirken verletzend und belasten das Arbeitsklima. Wie Teams und Führungskräfte bewusst gegensteuern können.
Geschrieben von
Nadine Schönwald
Wenn gut gemeint nicht gut gemacht ist
„Du wirkst ja total normal.“
„Respekt, dass du trotzdem arbeitest.“
„Ich finde es toll, wie du dich nicht hängen lässt.“
Diese Sätze klingen auf den ersten Blick freundlich. Doch für viele Menschen mit Behinderung sind sie kleine Stiche, die sich über die Zeit summieren. Sie sind Beispiele für sogenannte Mikroaggressionen – subtile, oft beiläufige Bemerkungen oder Gesten, die verletzend wirken, auch wenn sie nicht als Angriff gemeint sind.
Das Problem: Gut gemeint ist nicht automatisch gut gemacht.
Denn solche Aussagen transportieren unterschwellig Botschaften wie: Du bist anders. Du gehörst nicht ganz dazu. Deine Leistung ist überraschend.
Der Begriff beschreibt alltägliche, oft unbewusste Handlungen oder Äußerungen, die Menschen aufgrund eines Merkmals – wie einer Behinderung – ausgrenzen oder abwerten.
Es geht nicht um offene Beleidigungen, sondern um wiederkehrende Signale, die Betroffene immer wieder daran erinnern, dass sie nicht der vermeintlichen „Norm“ entsprechen.
Typische Beispiele im Arbeitskontext:
Mikroaggressionen sind nicht harmlos. Sie können psychischen Druck erzeugen und langfristig das Arbeitsklima belasten.
Häufige Folgen sind:
Gerade bei nicht sichtbaren Behinderungen ist die Belastung oft besonders hoch, weil Kolleg:innen mit Neugier, Skepsis oder falschen Annahmen reagieren.
Viele dieser Aussagen entstehen aus Unwissenheit oder gut gemeinter Anteilnahme. Doch sie spiegeln tief verankerte gesellschaftliche Bilder wider:
Solange diese Denkmuster nicht hinterfragt werden, bleiben Mikroaggressionen Teil des Alltags – oft unbemerkt von denen, die sie äußern.
1. Sprache reflektieren
Statt: „Beeindruckend, dass du trotzdem arbeitest.“
Besser: „Schön, dass du Teil des Teams bist.“
2. Klischees vermeiden
Nicht jede Behinderung ist tragisch. Nicht jede Leistung ist „heldenhaft“. Menschen mit Behinderung wollen als Fachkräfte gesehen werden – nicht als Ausnahmeerscheinung.
3. Bedarf statt Zweifel formulieren
Statt: „Bist du sicher, dass du das schaffst?“
Besser: „Was brauchst du, um die Aufgabe gut umsetzen zu können?“
4. Feedback annehmen
Wenn dir jemand sagt, dass eine Aussage verletzend war, nicht rechtfertigen – zuhören, verstehen, lernen.
5. Inklusive Führung leben
Teams, in denen Vielfalt willkommen ist, produzieren weniger Mikroaggressionen. Führungskräfte setzen hier den Ton.
Mikroaggressionen mögen unscheinbar wirken – ihre Wirkung ist es nicht. Sie beeinflussen, wie willkommen und wertgeschätzt sich Menschen fühlen.
Echte Inklusion entsteht nicht nur durch Strategiepapiere oder Leitbilder, sondern im täglichen Miteinander. Wer hier bewusst ansetzt, verändert mehr als jede Maßnahme auf dem Papier.
💬 Diskussion:
Welche Mikroaggressionen sind dir im Arbeitsalltag schon begegnet – und wie könnte man es besser machen?
Teile deine Erfahrungen in den Kommentaren.
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