Unternehmen messen Leistung oft an Tempo und Präsenz – und verschenken Potenzial. Warum ein neuer Leistungsbegriff nötig ist, um Fachkräftemangel zu begegnen und echte Inklusion zu schaffen.
Geschrieben von
Nadine Schönwald
In vielen Köpfen hält sich hartnäckig ein Bild: Menschen mit Behinderung gelten als weniger belastbar, schwer einsetzbar oder als Ausnahme, wenn sie „trotzdem“ Leistung bringen.
Diese Sichtweise ist nicht nur falsch – sie ist auch ein Hindernis für gelebte Inklusion und für die Lösung des Fachkräftemangels.
Denn noch immer wird Leistung in vielen Unternehmen an körperlichen Maßstäben gemessen: Wer schnell ist, lange präsent und den gängigen Normen entspricht, gilt als leistungsfähig. Wer anders arbeitet, wird oft unterschätzt – unabhängig von den tatsächlichen Ergebnissen.
Deutschland diskutiert intensiv über den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Gleichzeitig haben laut Inklusionsbarometer Arbeit 2024 über 40 % der Unternehmen noch nie eine Person mit Schwerbehinderung beschäftigt.
Das liegt nicht an fehlenden Bewerberinnen und Bewerbern – sondern häufig an Vorurteilen, die lauter sind als Lebensläufe.
Dabei sprechen die Fakten eine andere Sprache:
Stärken, die selten in Stellenanzeigen stehen
Kolleginnen und Kollegen berichten häufig von zusätzlichen Qualitäten: Zuverlässigkeit, Organisationstalent, Ausdauer.
Diese Eigenschaften tauchen in kaum einer Stellenanzeige als gezieltes Anforderungsprofil auf – obwohl sie für Unternehmen von hohem Wert sind.
Das Problem: Solange der Leistungsbegriff eng gefasst bleibt, werden diese Stärken nicht als gleichwertig anerkannt.
Leistungsbereitschaft hat viele Formen. Eine Behinderung schließt sie nicht aus – sie kann den Weg verändern, aber nicht das Ziel.
Was es jetzt braucht, ist ein breiterer Leistungsbegriff, der Wirkung und Ergebnis in den Mittelpunkt stellt, statt körperliche Normen.
Das bedeutet:
Menschen mit Behinderung müssen oft erst beweisen, dass sie leistungsfähig sind – während anderen dieses Vertrauen von Anfang an entgegengebracht wird.
Das kostet Potenzial, Motivation und wertvolle Zeit.
Führungskräfte, die bewusst auf Chancengleichheit setzen, schaffen nicht nur fairere Strukturen, sondern gewinnen auch engagierte, loyale Mitarbeitende.
Unternehmen, die Leistung nicht länger an körperlichen Maßstäben festmachen, öffnen sich für ein breiteres Talentfeld.
Das ist kein „soziales Projekt“, sondern eine strategische Entscheidung für Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und nachhaltigen Erfolg.
💬 Diskussion:
Wie wird in Ihrem Unternehmen über Leistung gesprochen – und wer bekommt die Chance, sie zu zeigen?
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