Karrierechancen hängen oft mehr von Strukturen als von Leistung ab. Warum Menschen mit Behinderung Förderung brauchen und Vielfalt Stärke sein kann
Geschrieben von
Nadine Schönwald
Karrierewege entstehen selten allein durch fachliche Kompetenz. Sie entstehen durch Vertrauen, Förderung und die Überzeugung, dass jemand mehr erreichen kann, wenn man ihm oder ihr die Chance gibt.
Gerade hier liegt eine oft ungenutzte Möglichkeit für Führungskräfte: Menschen mit Behinderung nicht nur mitzudenken, sondern aktiv zu entwickeln.
Das Potenzial ist da – häufig sogar in größerem Umfang, als es auf den ersten Blick sichtbar wird. Was fehlt, sind passende Rahmenbedingungen und der bewusste Impuls, Entwicklung zu ermöglichen.
Strukturen statt Fähigkeiten als Karrierebremse
Viele Beschäftigte mit Behinderung verharren über Jahre in derselben Position. Nicht, weil es ihnen an Ehrgeiz mangelt, sondern weil ihnen seltener zugetraut wird, den nächsten Schritt zu gehen.
Häufig sind Karriereschritte an Bedingungen geknüpft, die nicht für alle zugänglich sind:
Eine Erhebung der Aktion Mensch verdeutlicht das Problem: Nur 6 % der Menschen mit Behinderung in Deutschland haben Führungsverantwortung – bei Menschen ohne Behinderung sind es 13 %. Der Unterschied liegt nicht in der Leistung, sondern in den Strukturen.
Echte Chancengleichheit bedeutet nicht, Sonderwege zu schaffen. Sie bedeutet, gleiche Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten – unabhängig von Arbeitszeitmodellen, Assistenzbedarf oder gesundheitlichen Einschränkungen.
Das kann heißen:
Führungskräfte spielen hier eine Schlüsselrolle: Sie können Türen öffnen, die sonst verschlossen bleiben.
Manchmal braucht es den eigenen Impuls, um den nächsten Karriereschritt anzustoßen.
Wer sichtbar werden will, muss sich trauen, die eigene Entwicklung aktiv anzusprechen – auch wenn das bedeutet, bestehende Erwartungen zu hinterfragen.
Doch die Verantwortung liegt nicht allein bei den Mitarbeitenden. Führung bedeutet, Potenzial zu erkennen, bevor es eingefordert werden muss.
Was Unternehmen konkret tun können
1. Regelmäßige Entwicklungsgespräche mit allen Mitarbeitenden führen – nicht nur mit denen, die sich selbst melden.
2. Karriereziele aktiv ansprechen, auch wenn jemand nicht ins klassische Muster passt.
3. Barrierefreiheit in Auswahlverfahren, Schulungen und Weiterbildungen sicherstellen.
4. Führung neu definieren – nicht als Dauerpräsenz, sondern als Haltung und Verantwortung.
5. Eigene Denkmuster hinterfragen: Wem traue ich Entwicklung zu? Wen fördere ich bewusst – und wen übersehe ich ungewollt?
In einer Leistungsgesellschaft müssen auch Menschen mit Behinderung ihre Kompetenz unter Beweis stellen. Aber sie dürfen nicht zusätzlich dafür kämpfen müssen, dass Strukturen ihnen überhaupt den Zugang ermöglichen.
Karriere sollte eine Frage von Potenzial, Zugang und Vertrauen sein – nicht von Anpassung an veraltete Normen.
💬 Diskussion:
Was tut Ihr Unternehmen, um Mitarbeitende mit Behinderung nicht nur einzustellen, sondern auch gezielt zu fördern?
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